Robert Wagner
Technische Universität München

25. November 1999

Elemententstehungsmechanismen

Elemententstehungsmechanismen

Zusammenfassung

Um ein geschlossenes Bild der Elemententstehungs-Mechanismen zu erhalten, besprechen wir neben den Fusionsmechanismen in Sternen und den in Supernova-Explosionen ablaufenden Prozessen auch die primordiale Nukleosynthese und geben einen Abriß der ersten drei Minuten des Universums. Wir versuchen abschließend, aufgrund unserer Ergebnisse die Elementverteilung im Universum zu erklären. Die einzelnen Reaktionen werden in einen Zusammenhang mit den Entwicklungsstadien eines Sternes gebracht, um so die Verbindung Teilchenphysik - Astroteilchenphysik aufzuzeigen.

1  Einige Worte zum Aufbau des Universums

Zu Beginn geben wir einige Größenordnungen an, um ein Gefühl für die im folgenden genannten Daten zu erhalten. Unsere Sonne ist ein Stern mittlerer Größe, Dichte und Masse (RSonne = 6.96·108 m, MSonne = 1.99·1030 kg, rSonne = 1.410kg/m3). Sie entstand vor 4.6 Milliarden Jahren aus interstellarem Gas und Staub. Wir werden sehen, daß dies dem generellen Entstehungsprozeß von Sternen entspricht. Normale Sterne besitzen eine Masse im Bereich von M = 0.1...100MSonne und eine Oberflächentemperatur von T = 2000...50000 K (Oberflächentemperatur der Sonne: TSonne = 5800 K).

Wir geben noch einige aus der Astrophysik gebräuchliche Einheiten und wichtige Größen an. Man teilt die Sterne in Spektralklassen O, B, A, F, G, K, M, R, N, S („Oh be a fine girl, kiss me right now. Smack!“) ein, die ihre die Leuchtkraft wiedergeben. Diese Klassen werden durch Zahlen weiter unterteilt. Die Sonne ist ein G2-Stern.

Die Leuchtkraft eines Sternes ist gegeben durch das Stefan-Boltzmann-Gesetz L = 4p Rs T4 und entspricht der gesamten Abstrahlung pro Zeiteinheit. Man beachte, daß die Oberfläche direkt in die Leuchtkraft eingeht. Für die Sonne hat man LSonne = 3.826·1026W (Solarkonstante). Die Leuchtkraft verschiedener Sterne variiert erheblich: Man findet L = 10-4...106LSonne . Massearme Sterne besitzen eine geringere Leuchtkraft (Oberfläche!) und verbrauchen ihren Brennstoffvorrat langsamer als schwerere. Dies kann man leicht einsehen, wenn man weiß, daß die Energieerzeugungsrate e eines Sternes von der Temperatur gemäß e = Ts abhängt, wo s je nach Brennprozeß im Bereich s = 7...30 variiert. Da sich, wie wir sehen werden, die Temperaturverteilung im Stern aus dem Gleichgewicht Strahlungsdruck - Gravitationsdruck einstellt, ist klar, daß mit der Masse des Sterns auch seine Temperatur und damit seine Energieerzeugungsrate steigt.

In der Astrophysik nimmt das sogenannte Hertzsprung-Russell-Diagramm eine zentrale Rolle ein: Hier wird Leuchtkraft gegen Oberflächentemperatur aufgetragen. Man findet, daß nahezu 95% aller Sterne auf der Hauptreihe liegen, wo das Wasserstoffbrennen stattfindet; seitab der Hauptreihe findet man Rote Riesen, Überriesen, und Weiße Zwerge. Wie diese Sternstadien entstehen, werden wir im folgenden sehen.

Abbildung

Man unterteilt die Sterne in solche der Population I und solche der Population II. Erstere umfaßt junge Sterne, die einen hohen Anteil an Metallen besitzen. Die Population II hat nur einen geringen Metallanteil (In der Astrophysik bezeichnet man alle Elemente jenseits des Kohlenstoffs als Metalle). Diese zunächst vielleicht überraschende Tatsache macht man sich schnell klar: Population-I-Sterne entstehen aus Materie, die Überreste älterer Sterne darstellt. In diesen sind aufgrund noch zu besprechender Prozeße aber bereits alle möglichen Elemente erzeugt worden.

2  Primordiale Nukleosynthese

Als das Universum vor 15 Millarden Jahren entstand und 1 Sekunde alt war, hatte es eine Temperatur von mehr als 10 Mrd Grad. Bei dieser Hitze werden Formen von Materie und Energie nicht eindeutig unterschieden, und es liegen komplexe Wechselwirkungen vor. Nach bereits 10-35 s findet ein erster Phasenübergang statt: Starke und Elektroschwache Wechselwirkung spalten auf. Da nun Quarks kaum noch mit Leptonen reagieren, wird dadurch das Quark-Photon-Verhältnis festgelegt: N(q)/N(g) = 10-9. Etwa nach 10-11 s registriert man einen weiteren Phasenübergang, bei dem elektromagnetsiche und schwache Wechselwirkung aufspalten. Nach 10-6 s liegen erste Bindungszustände der Quarks vor, es stellt sich ein Proton-Neutron-Gleichgewicht ein, wegen mu » mdÞ n(p) » n(n).

Abbildung

Aus dem Quark-Gluon-Plasma sind also Hadronen, im wesentlichen Nukleonen, entstanden. Zunächst liegen freie Nukleonen vor; diese befinden sichsolange im thermischen Gleichgewicht, bis Temperatur soweit abgesunken ist, daß das Gleichgewicht [`(n)]+p\rightleftharpoonse++n sich auf die linke Seite verschiebt. Dadurch nimmt das n/p-Verhältnis ab.

Wird schließlich nach 1 s der Punkt erreicht, an dem die Energie mit dem Massenunterschied von up- und down-Quark vergleichbar ist (kT @ 1 MeV = m(n)-m(p)), sind die beteiligten Neutrinos zu energiearm, um das Gleichgewicht länger zu vermitteln: Das Proton-Neutron-Verhältnis sinkt auf n(p)/n(n) » 87/13 » 7 ab. Durch anschließende Deuteron-Bildung wird das Verhältnis weiter auf 6:1 abnehmen.

2.1  Warum eigentlich nur Materie?

Nimmt man an, im Quark-Gluon-Plasma des frühen Universums existierte eine q[`q]-Assymetrie von nur Dq = [(q-[`q])/( q+[`q])] » 3·10-10, und alle Quark-Antiquark-Paare zerstrahlten zu einem bestimmten Zeitpunkt zu Photonen, so kann man damit das heutige Verhältnis [n(Baryon)/( n(g))] » 3·10-10 gut erklären - Stichworte: Übergang von Hadron- und Leptonära zur Strahlungsära des Universums; CP-Verletzung des X-Bosons (1014 GeV, X® q+e-, [`X]®[`q]+e+). Ab dem Übergang zur Strahlungsära des Universums gilt die Baryonerhaltung streng.

2.2  Primordiale Nukleosynthese

Die primordiale Elemententstehung findet in einem Zeitraum 10-2-102s nach dem Urknall statt. Bis etwa 200 s, was kT » 100 keV entspricht, befinden sich  n+p\rightleftharpoons d+g im Gleichgewicht. Jetzt aber sinkt die Temperatur und damit die g-Energie soweit, daß eine Photospaltung des Deuterons nicht mehr möglich ist:

n+p® d+g+2.22 MeV

Die Lebensdauer der Deuteronen ist dann nur durch weitere Fusion begrenzt:

p+d® 3He+g+5.49 MeV
n+d® T+g+6.26 MeV

Durch Reaktionen wie T+p,  3He+n,  3He+d, d+d® ... entsteht letztlich der stabile Kern a.

Der Ursprung von Li, B, Be wurde nie richtig verstanden, bis Spektren des Hubble-Teleskops interpretiert wurden. Li, B, Be haben eine zu große Masse, um direkt nach dem Urknall entstanden zu sein. Weiterhin sind sie zu „zerbrechlich“, um im Inneren eines Sternes überlebt zu haben.

Gewöhnliche Erklärungen:

He+T
  ®  
7Li+g+2.47MeV
T+a
  ®  
7Li+g
3He+a
  ®  
7Be+g

(Das Lithium wird aber wegen 7Li+p® 2He+17.35MeV im allgemeinen sofort zerstört.)

Neuere Theorien geben an, daß Kosmische Strahlen aus O, C, N, die von Supernova-Schockwellen ausgehen, mit H, He kollidieren, wobei Li, Be, B abgespalten werden können (Spallation).

Die Nukleosynthese stoppt nach spätestens 30 min aufgrund weiter abnehmender Temperatur: Die Coulombbarriere verhindert weitere Fusionsprozesse. Im Wesentlichen enden alle Neutronen in 4He; von d, 3He, 7Li nur noch Spuren. So ergibt sich ein 75:25-Verhältnis von Wasserstoff und Helium. In Spuren sind vorhanden:

3He:(4.2±2.8)10-5
2H:(2.5±1.5)10-5
7Li:(4.6-2.3+4.6)10-9

(jeweils Anteil an der Gesamtzahl der vorhandenen Kerne) „Elemente“ wie n (t1/2 = 15 min), T (12.3 a) und 7Be (53,3 d) dagegen sterben allzu bald aus und sind deswegen vernachlässigbar.

Aufgrund der 5-, 8-Gap (ein Blick auf die Nuklidkarte verrät: Es existieren keine stabilen Isotope mit Massenzahl 5 bzw. 8) entsteht kein schwererer Kern als 7Li, alle anderen Elemente müssen also im Sterninnernen entstehen, wie wir gleich sehen werden.

Abbildung

Wir haben nun gesehen, wie p, n, d, 3He, 4He aus der Ursuppe kondensieren. Deren relative Häufigkeiten heute entsprechen im Wesentlichen denen nach 104 s, genau wie n(p)/n(He). Das Verhältnis der baryonischen Materie wurde also durch Fusionsprozesse in Sternen kaum verändert Û Urknallmodell bestätigt.

3  Elemententstehung in Sternen - Ein Sternenleben

Etwa 700000 a nach dem Urknall wird mit der Entkopplung von Strahlung und Materie das Jeanskriterium erfüllbar, d.h. die Gravitationsenergie übersteigt die thermische Energie. Nun können aus Kontraktion von interstellarem Gas & Staub Sterne gebildet werden. Voraussetzung dafür ist eine inhomogene Dichteverteilung. Man findet solche Inhomogenitäten beispielsweise in Dichtewellen in Spiralarmen von Galaxien oder in Stoß wellen aus Supernova-Explosionen).

Zur interstellaren Materie: Deren Masse beträgt etwa zehnmal die Masse aller Sterne, die Dichte allerdings ist geringer als das beste hestellbare Vakuum. Interstellare Materie meint im Wesentlichen H und He (fast ausschließlich primordial).

In seiner Entstehungsphase bezeichnet man einen Stern als Protostern. Aus Staub kontrahiert langsam ein Kern kontrahiert (Wegen des Virialsatzes [`(Ekin)] = 1/2Epot steigt die Temperatur an), bis sich ein Gleichgewicht zwischen Gravitationsdruck und Strahlungsdruck einstellt. Wird nun die Staubschicht um den Kern durchlässig für Energie, findet Energieabstrahlung statt, und die äußeren Schalen kontrahieren. Sind Leuchtkraft und -Druck ausreichend groß für Fusion, so unterbindet der Strahlungsdruck eine weitere Kontraktion. Wird ein Abstand der Kerne erreicht, so zündet das Wasserstoffbrennen. Hierzu ist eine Temperatur von 107 K vonnöten. Daß eine Fusion stattfindet, obwohl die Energie von 103 eV, die dieser Temperatur entspricht, um einen Faktor 1000 geringer ist, als die zur Überwindung einer Proton-Proton-Coulombbarriere (klassisch) nötige Energie von ECoul = 1 MeV, hat zwei Gründe: Die Maxwellverteilung sowie den Tunneleffekt. Faltet man eine entsprechende Maxwellverteilung mit dem Gamow-Faktor für die Tunnelwahrscheinlichkeit, so ergibt sich ein Maximum dieses Produkts bei 15...30 keV. Es gibt nicht viele Protonen dieser Energie, aber es reicht, um eine Fusion auszulösen.

Abbildung

Übrigens ist diese langsame Energieumwandlung äuß erst wichtig: Nur so wird eine langsame, über groß e Zeiträume gleichmäß ig stattfindende Freisetzung von Energie gewährleistet. Der Strahlungstransport vom brennenden Kern nach aussen findet so statt, dass man keine Vermischung der Sternmaterie erhält. Dies ist entscheidend für das Zwiebelschalenmodell eines Sternes.

3.1  Wasserstoffbrennen

Das H-Brennen ist die erste und längste Brennphase, in die ein Stern eintritt; Sterne auf der Hauptreihe des H-R-Diagramms verbrennen sämtlich Wasserstoff, und das sind immerhin gut 95% aller Sterne. Mehrere Reaktionswege für das H-Brennen stehen zur Verfügung: Die p-p-Kette, der CNO-Zyklus sowie dazu verwandte Zyklen (NeNa, MgAl).

Abbildung

Erste Fusionsprozesse sind, wie wir gesehen haben ab etwa T > 107 K möglich. Damit solche Temperaturen im Sterninneren erreicht werden können, ist eine ursprüngliche Masse von mindestens M > [1/ 10]MSonne erforderlich. Aufgrund der Coulombbarriere wird zunächst die p-p-Kette dominieren (1. Kette 86%, 2. Kette 14%, 3. Kette 0.02%).

Da keine freien Neutronen existieren, muss zunächst die schwache Wechselwirkung bemüht werden, um ein Deuteron zu erzeugen:

p+p
®
d+e++ne+1.19 MeV
p+d
®
3He+g+5.49 MeV
3He+3He
®
p+p+a+12.86  MeV
e++e-
®
2g+1.024 MeV

In Summe: 4p® a+2e++2ne+2g+26.72 MeV, davon „entkommen“ 0.52 MeV in Neutrinos. Den Flaschenhals der p-p-Kette stellt in der Tat die schwache WW dar: Der Wirkungsquerschnitt der ersten Teilreaktion beträgt nur s = 10-47cm2. Sie legt damit den zeitlichen Ablauf bzw. die Lebensdauer des Sterns während des Wasserstoff-Brennens fest. Für die Reaktionen der Kette 2 genügt das 4He aus der primordialen Nukleosynthese. Beachtenswert beim vorletzten p-p-2-Schritt: Die Atome sind fast völlig ionisiert, d.h. Elektronen müssen nicht wie gemeinhin aus einer der Elektronenschalen, sondern aus der umliegenden Elektronengas eingefangen werden. Somit ist t1/2 des EC-Prozesses 7Be(e-,n)7Li um einen Faktor 2 größer, beim uns bekannten, „normalen“ Zerfall.

3.2  CNO-Zyklus

Sobald im Sterninneren 12C vorhanden ist (aus 3a-Prozeß bzw. in Population-I-Sternen vorhanden), ist Wasserstoffbrennen auch durch den Kohlenstoffzyklus möglich:

12C® 13N® 13C® 14N® 15O® 15N® 12C+a

Hier verläuft die Verbrennung schneller als in der p-p-Kette; wir haben es zwar mit derselben Nettoreaktion zu tun, aber es gilt höhere Coulombbarierren zu überwinden, sodass der CNO-Zyklus nur bei höherer Temperatur möglich ist. Seitenzweige zu oben angegebenem Zyklus sind nur zu 1% bevölkert. Sie spielen für die Energiegewinnung folglich keine so grosse Rolle, wohl aber für die Elemententstehung. Da C, N, O als Zwischenprodukte bei der Heliumverschmelzung dienen, kann man diese Elemente als Katalysatoren ansehen. Die langsamste Reaktion innerhalb des Zyklus, 14N® 15O   (t1/2 = 3·108 a) bestimmt dabei die Reaktionsrate im CNO-Zyklus. Neben dem CNO-Zyklus gibt es noch den NeNa- und MgAl Zyklus, die ebenso wie die CNO-Nebenzyklen relativ unwichtig für Elementerzeugung sin (höhere Coulombbarierre), aber entscheidend für die Elementgenese zwischen 20Ne und 27Al.

Abbildung

Abbildung

Ist nun ein Großteil des Wasserstoffs im Kern verbraucht, sinken Energieerzeugungsrate und Druck im Sterninneren. Zur Erinnerung: Zur Kernschmelze nötige Temperaturen existieren nur in den inneren 10% der Masse der Sterne. Der Stern kontrahiert; Aufgrund der Umwandlung von Gravitationsenergie in thermische Energie steigen nun Temperatur und Dichte an.

3.3   3a-Prozeß - Enstehung von 12C

Um nun weitere Fusionsprozesse zu erhalten, müssen wir die schon erwähnte 5-, 8-Gap überwinden. Den Fusions-Stop während der primordialen Nukleosynthese erklärten wir mit der extrem kleinen Halbwertszeit t8Be » 10-16 s (Be® 2He), und den noch viel kleineren Werten für 5He und 5Li: t << t8Be. Nun, natürlich ist 8Be hochgradig instabil; aber bei T = 108 K reicht die große Zahl von 4He-Kernen aus, um im Gleichgewicht

4He+4He«8He+g-90 keV (Coulombbarierre und Energieunterschied 90 keV)

meßbare Quantitäten an 8He zu erhalten. Meßbare Quantitäten meint hier ein Verhältnis von [c(Be)/ c(He)] = 10-9, dass sich mühelos aus dem Boltzmannfaktor [E/ kT] = [91,9 keV/( k·108 K)] berechnen läß t. Um Kohlenstoff gemäß 

4He+ 8Be« C*®C+g+7.4 MeV

in ausreichendem Maß e zu erzeugen, kommt uns zudem eine Resonanz im C zugute. Dieses „Nadelöhr“ im wahrsten Sinne des Wortes gibt den 3a-Prozeß  Schlüsselrolle beim Aufbau schwererer Elemente ( » 1% der Kerne, im Wesentlichen alle über 3a-Prozeß)

3.4  Weitere Verbrennungsstadien

Ist im Sterninneren alles Helium verbraucht und nur noch Kohlenstoff vorhanden, so hängen weitere Brennphasen zunächst von der Masse des Sternes ab:

Betrachten wir speziell die Reaktion 12C+a® 16O. Die Rate dieser Reaktion beispielsweise darf nicht zu hoch sein, damit nicht schlagartig alles C verbrennt. Das wird dadurch gewährleistet, dass sich diese Reaktion bei Energien des He-Brennens zwar in der Nähe einer Resonanz befindet, aber diese eben nicht ganz trifft.

Allgemein gilt: Je schwerere die Kerne, desto unwahrscheinlicher sind die Reaktionen (Coulombbarierre). Reaktionen wie 12C+He® ..., 12C+12C® ... sind nur bei Sternen mit Masse von etwa M > 8MSonne möglich. Im Zuge der verschiedenen Brennphasen bildet sich die sogenannte Zwiebelschalenstruktur aus.

3.4.1  Sauerstoffbrennen und Kohlenstoffbrennen

Der Kern besteht nur noch aus C, O; zündet ab etwa T = 5·108 K. Falls M < 8MSonne werden keine weiteren Brennphasen mehr stattfinden: Durch Instabilitäten im Stern wird die Hülle periodisch „abgestreift“, und aus dieser bildet sich ein Planetarischer Nebel. Der Kern erleidet einen Kollaps und endet schließlich als weißer Zwerg und Zentralstern des Nebels. Die irrige Bezeichnung „Planetarischer Nebel“ rührt übrigens daher, daß früher die schwach grünliche Scheibchenerscheinung dieser Nebel an entfernte Planeten wie Uranus und Neptun erinnerte. Bis heute hat man etwa 1000 der geschätzten 10000 Planetarischen Nebel in der Milchstraße entdeckt.

Abbildung

Falls M > 8MSonne , so folgen weitere Brennphasen. 12C+12C kann übergehen in Mg+g, 23Mg+n, 23Na+p, 20Ne+4He. Entscheidend ist hier, daß die entstehenden g, n, p, a drastisch höhere Energie als im Temperaturgleichgewicht besitzen. Sie können damit weitere Kernreaktionen auslösen, wie beispielsweise 20Ne+g® 16O+4He. Die hierbei entstandenen 4.75 MeV-Alphateilchen können nun an schwerere Elemente anlagern als beim He-Brennen:

20Ne+a® Mg+g
24Mg+a® 28Si+g
28Si+a® 32S+g

3.4.2  C-Ne-Si-Brennen

3.5  Supernova-Typen

Supernova Typ II.   Man unterscheidet grundsätzlich zwei SN-Typen. Eine SN II stellt das Endstadium massereicher Sterne dar. Geht die Energieerzeugungsrate im Stern langsam gegen null, da sich ein Fe-Ni-Kern ausgebildet hat, so sinken Strahlungs- und Gasdruck, das Innere des Sterns kontrahiert und ein weißer Zwerg entsteht - wie gehabt. Überschreitet der weisse Zwerg nun die Chandrasekhar-Masse (1.44MSonne ), so kommt es zu einer Implosion und der Weisse Zwerg kollabiert zum Neutronenstern (wird durch Fermidruck der Neutronen stabilisiert). Nachdem im Kern nur fast nur noch p, e-, n vorhanden sind, beginnt eine Reaktion p+e-® n+n (also Neutronenproduktion, wichtig für den r-Prozeß, siehe unten.). Hierdurch wird der Elektronendrucks vermindert, was die Implosion zusätzlich beschleunigt.

Durch diese Implosionen wird nun der Kern wird drastisch erhitzt, und innerhalb wenige Minuten entstehen Dichten von r = 1014...15gcm-3. Die freiwerdende Energie wird durch die Reaktion 56Fe® p+n verbraucht (nötig: 100MeV/Kern). Innerhalb nur einer Sekunde entfacht der Stern so das Millionen- bis Milliardenfache seiner bisherigen Leuchtkraft, 1-10 MSonne werden in den interstellaren Raum geschleudert. Der Kern kollabiert zunächst homolog, d.h. die Geschwindigkeit der einfallende Materie ist proportional zum Abstand vom zum Sternmittelpunkt; zu einem bestimmten Zeitpunkt federt der Kern nach aussen, da das Fermigas (Neutronen) nicht beliebig weit komprimiert werden kann. Die federnde Ausdehnung des Kerns kollidiert mit dem überschallschnellen Zusammenbruch des äuß eren Kerns, und so entsteht eine Schockwelle, die äuß eren Schichten werden reflektiert, in den interstellaren Raum geworfen und kommen nach einiger Zeit zum Stillstand (auf diese Weise entledigt sich der Stern etwa 0.2MStern @ 0.5RStern). Verbleibt nach solch einer SN-II-Explosion noch eine Masse von M > 2.5MSonne im Kern, so bildet sich aus dem Kern ein schwarzes Loch (Gravitationsdruck größ er Neutronendruck, Schwarzschildradius! z.B. SN1054, SN1987A), ansonsten bleibt von einer SN II in jedem Fall ein Neutronenstern übrig. Solche Neutronensterne sind seltsame Objekte. Sie besitzen einen Radius von nur ca. 10km, ihre Masse allerdings beträgt M = 1.5...2.5MSonne , die Kerndichte: ein Teelöffel Neutronenstern wiegt rund 100 Mio t. In gewissem Sinne kann man sogar von einer Atmosphäre bei Neutronensternen sprechen, in denen „Miniaturberge“ der Höhe einiger Zentimeter stehen.

Übrigens: Aufgrund der extrem hohen Neutronen-Dichte (r = 4·1011gcm-3) wird für Neutrinos das Innere einer Supernova undurchsichtig. Erst nachdem sie wieder durch den Stern „sehen können“, verlassen sie ihn und tragen zu einer erneuten Schockfront bei: Man spricht von einer „delayed explosion“.

Supernova Typ I.   Hier handelt es sich um eine Explosion eines weissen Zwerges in einem Doppelsternsystem. Zunächst findet kontinuierlicher Massetransfer vom Partnerstern, einem roten Riesen statt. Schließlich hat sich auf dem weissen Zwerg genug Materie angesammelt, daß eine explosive Zündung stattfindet. Wir haben es mit der extremste Freisetzung von Energie zu tun. Durch die Explosion des Kohlenstoffkerns wird der Stern total zerrissen, nichts als interstellarer Raum bleibt übrig (z.B. SN1572, SN1604).

3.6  Synthese schwerer Elemente

Da mit Eisen-56 das stabilste Element erreicht ist, kann die Bildung schwererer nur durch weiter Neutronen-Anlagerung geschehen. Beim n-Einfang ändert sich die Massenzahl, ohne dass die Ladungszahl zunimmt: immer schwerere Isotope desselben Elements werden erzeugt. Es liegt also ein sukzessiver Einfang von Neutronen vor. Kerne mit hohem n-Überschuss erleiden aber Betazerfall, was zur Folge hat, dass die Kernladungszahl wächst, und jeweils ein Elektron und ein und Antineutrino ausgestosse werden. Durch solche b-Instabilität geschieht also ein Zerfall zum stabilsten Isobar (Massenparabel, Gamow-Tal). Nun, man man unterscheidet im Wesentlichen 2 Prozesse: s- und r-Prozeß sind durch die jeweiligen typischen Neutroneneinfangzeiten und Betazerfallszeiten charakterisiert.

Abbildung

3.6.1  s-Prozeß 

3.6.2  r-Prozeß

(Z,A)+n® (Z,A+1)

(Z,A+1)+n® (Z,A+2)

(Z,A+2)+n® (Z,A+3)

Abbildung

3.6.3  p-Prozeß

Wir haben nun gesehen, wie vom Eisen bis hin zu den Transuranen alle schweren Elemente gebildet worden sind. Entscheidend zu erwähnen scheint, dass die Produktion schwerer Elemente nur in späten Brennphasen schwerer Sterne bzw. in Supernovae möglich ist. Folglich haben äußerst viele Elemente auch hier auf der Erde ihre Existenz zahlreichen Supernova-Explosionen zu verdanken. Wie sonst sollten sie entstanden sein?

4  Häufigkeitsverteilung der Elemente

Abbildung

  1. Exponentieller Abfall bis A=50: Coulombbarierre. Der exponentielle Abfall bei A=12...50 spricht dafür, dass die Verschmelzung geladener Teilchen einer der wichtigsten Produktionsprozesse leichter Elemente ist.

  2. Li, B, Be sehr selten: Zerstörung durch Kernreaktionen schon bei geringen Temperaturen möglich

  3. a-Kerne: groß e Häufigkeit, da Produkt des He-Brennens, a-Reaktionen

  4. Maximum bei Eisen-56: Stabilstes Element, der Gleichgewichtsprozeß, der um Fe-56 stattfindet, wird e-Prozeß („equilibrium“) genannt. Bei hohen Temperaturen überleben bevorzugt Elemente mit der höchsten Bindungsenergie pro Nukleon. Das erklärt den ausgeprägten Anstieg über 4 Grössenordnungen bei Eisen.

  5. Doppelmaxima: im r-Prozeß erreicht man magische n-Zahl bereits bei kleinerem Z

Literaturverzeichnis

J. Pasachoff: Astronomy; Saunders College Publishing

B. Povh et al.: Teilchen und Kerne, insbes. Abschn. 19.5: Sternentwicklung und Elementsynthese; Springer, Heidelberg

B. Fricke, Universität-GH Kassel: Die Entstehung der schweren Elemente (persönliche Mitteilung)

V. Schönfelder: Astrophysik II; Fachschaft Math/Phys/Info, TU München

W. Winnenburg: Einführung in die Astronomie; B. I. Wissenschaftsverlag, Mannheim

Weigert, Wendker: Astronomie und Astrophysik; VCH, Weinheim

K. Bethge: Kernphysik; Springer Heidelberg

J. Bahcall: Neutrino Astrophysics

H. Oberhummer (Ed.): Nuclei in Cosmos; Springer, Heidelberg

H. V. Klapdor-Kleingrothaus, K. Zuber: Neutrinoastrophysik; Teubner, Stuttgart

Longair: High Energy Astrophysics, Vol. 2


URL: http://www.ph.tum.de/~rwagner/physik/bap/
File translated from TEX by TTH, version 2.00 on 04 Dec 1999, 11:48.
Zuletzt geändert: 12/04/99.

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